Wenn die Tage kürzer und die Temperaturen kühler werden, steigt nicht nur die Motivation zu dickerer Kleidung — auch Infekte häufen sich. Für Kampfsportler, deren Beruf oder Hobby körperliche Belastung, Atemkontrolle und Kontakt umfasst, stellen Erkältungen eine besondere Herausforderung dar. Der folgende Text richtet sich an Athleten, Trainer und Betreuer und bietet evidenzbasierte Orientierung, praktische Regeln und konkrete Empfehlungen für Training, Regeneration und entsprechendes Verhalten in der Erkältungszeit.
Inhaltsverzeichnis
Ein bewährter, häufig zitierter Orientierungsrahmen ist die sogenannte „Neck-Check“-Regel: Symptome oberhalb des Halses (laufende Nase, Niesen, leichter Schnupfen) erlauben in der Regel noch moderate Bewegung. Symptome unterhalb des Halses (Husten mit Auswurf, Atemnot, Magen-Darm-Beschwerden, Fieber, Gliederschmerzen oder ausgeprägte Müdigkeit) sprechen gegen Belastung und erfordern Ruhe. Diese Faustregel ist nützlich, doch sie ist nicht absolut — neuere Übersichtsarbeiten mahnen zu einer differenzierten Abwägung, insbesondere bei Leistungssportlern.
Nur bei klaren „above-neck“-Symptomen und ohne Fieber ist leichte bis moderate Aktivität vertretbar.
Bei Fieber, starken Schmerzen, ausgeprägter Erschöpfung oder „below-neck“-Symptomen muss der Sport sofort pausiert werden.
Körperliche Belastung beeinflusst das Immunsystem. Moderate, regelmäßige Aktivität stärkt langfristig die Abwehr. Intensive Belastung während eines akuten Infekts kann jedoch die Krankheit verlängern und in seltenen Fällen Komplikationen wie Herzmuskelentzündungen (Myokarditis). begünstigen. Sportmedizinische Leitlinien empfehlen daher Vorsicht: Bei Verdacht auf systemische oder kardiale Beteiligung ist medizinische Abklärung Pflicht. Für Athleten mit bestätigter Myokarditis gelten strenge Ruhefristen und kontrollierte Wiedereinstiegs-Protokolle.
Hygiene und Team-Schutz
Bei jedem Sprach- oder Körperkontakt gilt: erhöhte Vorsicht. Abstand, Desinfektion von Handschuhen/Pratzen und Vermeidung von engem Körperkontakt bei akuten Symptomen mindern das Übertragungsrisiko.
Training im Freien vs. Halle
Frische Luft reduziert Tröpfchenkonzentration. Bei kalten Temperaturen auf ausreichende Schichtung der Kleidung achten und Warm-Up verlängern.
Tag 0–3 (Akutphase): Ruhe, Flüssigkeit, Schlaf, symptomorientierte Behandlung. Kein Sparring, keine Wettkampfvorbereitung.
Tag 4–7 (Besserung, keine systemischen Symptome): leichte Einheiten (z. B. Gehen, leichtes Radfahren), Technikarbeit ohne Körperkontakt. Belastung bei Wohlbefinden langsam steigern.
Tag 8–14 (vollständige Besserung): schrittweiser Aufbau von Intensität und Umfang über 7–14 Tage. Erstes leichtes Kontaktsparring nur bei vollständiger Symptomfreiheit und ausreichender Leistungsfähigkeit im Alltag.
Wichtig: Die Dauer kann bei Sportlern je nach Infekt‐Schwere und individueller Konstitution variieren. Bei Unsicherheiten ist die sportmedizinische Rücksprache ratsam.
Brustschmerzen, ungewöhnliche Atemnot oder Herzrasen (auch in Ruhe).
Synkopen (Ohnmachtsanfälle) oder anhaltende Herzrhythmusstörungen.
Anhaltendes Fieber über 48 Stunden oder neurologische Symptome.
Diese Zeichen können auf ernsthafte Komplikationen wie Myokarditis hinweisen — eine Erkrankung, die für Sportler potentiell lebensbedrohlich sein und eine strikte Sportpause von mehreren Monaten nach sich ziehen kann. Bei entsprechenden Symptomen wird sofortige kardiologische Abklärung empfohlen.
Konsequente Symptomkontrolle: Klare Regeln für Trainings-Absagen kommunizieren und Durchsetzung seitens Trainer — „gesund vor Leistung“.
Individualisierte Entscheidungen: Leistungs- und Wettkampfniveau, Begleiterkrankungen (z. B. Asthma, Herzkrankheiten) und externe Belastungsfaktoren (Reisen, Gewichtsschnitt) in die Risikoabschätzung einbeziehen.
Ja — sofern ausschließlich milde Symptome oberhalb des Halses (z. B. leichter Schnupfen, Niesen, etwas verstopfte Nase) auftreten und kein Fieber vorliegt, sind moderate, technisch orientierte Einheiten in der Regel unbedenklich. Intensives Sparring, harte Kontaktarbeit oder anaerobe Belastungen sollten jedoch vermieden werden.
Training ist strikt zu vermeiden bei Fieber, Husten mit Auswurf, deutlicher Angeschlagenheit, Schmerzen in Brust oder Gliedern sowie bei sämtlichen Symptomen unterhalb des Halses. Solche Anzeichen weisen auf eine systemische Belastung hin, die durch Sport verschlimmert werden kann.
Das hängt von der Schwere des Infekts ab. Bei leichten Erkältungen reicht häufig eine Pause von 3–5 Tagen, gefolgt von einem gestuften Wiedereinstiegsplan über ca. 7–14 Tage. Nach Infekten mit Fieber gilt: mindestens eine Woche fieberfrei, bevor der Sport allmählich gesteigert wird.
Ja. Überlastung während eines akuten Infekts erhöht das Risiko für Komplikationen, unter anderem für eine Myokarditis (Herzmuskelentzündung), eine potenziell gefährliche Erkrankung, die lange Sportpausen erfordert. Deshalb sollte bei systemischen Symptomen oder Fieber stets pausiert werden.
Regelmäßiges Händewaschen, Desinfektion von Equipment (Pratzen, Handschuhe, Matten), gute Belüftung sowie ein klares Teamprotokoll („Bei Symptomen zu Hause bleiben“) sind besonders im November sinnvoll. Zusätzlich helfen ausreichender Schlaf, ausgewogene Ernährung und moderates Training, um das Immunsystem stabil zu halten.
Im November, wenn Erkältungen und Virusinfekte im Alltag vieler Kampfsportler Einzug halten, sind Umsicht und kluge Abwägung gefragt.
Kleine Schnupfnasen müssen nicht automatisch Trainingsverzicht bedeuten, wohl aber Anpassungen in Intensität, Kontakt und Umfang. Fieber, systemische Symptome oder kardiale Warnzeichen dagegen erfordern strikte Schonung und ärztliche Abklärung — im Zweifel zum Schutz der Karriere und der Gesundheit. Langfristig zahlt sich konservative Vorsicht aus: Bessere Regeneration, geringeres Komplikationsrisiko und nachhaltigere Leistungsfähigkeit.
Ausgewählte Quellen
Deutsche Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention (DGSP) — Die zehn Goldenen Regeln für gesundes Sporttreiben. dgsp.de
Ruuskanen O. et al., Übersichtsarbeit Sport and exercise during viral acute respiratory illness. PMC
American College of Sports Medicine (ACSM) — Exercising in the Cold. ACSM
Yamagata K. et al., Return-to-Play Post-Myocarditis for Athletes. MDPI


